Großlibellenlarven sind die im Wasser lebenden Larvenstadien der Großlibellen (Anisoptera), einer Unterordnung der Libellen. Libellenlarven treten in der Aquaristik periodisch auf und gelten als gefährliche Räuber, die bei entsprechender Größe selbst vor ausgewachsenen Garnelen nicht halt machen. Es gibt über 2800 Arten von Großlibellen, und während es auch heimische Arten in unsere Aquarien schaffen, handelt es sich bei den allermeisten Funden um asiatische Arten, die mit Pflanzen importiert wurden. Um wachsen zu können, müssen sich Großlibellenlarven regelmäßig häuten.
Anders als Kleinlibellen klappen Großlibellen ihre Flügel in der Regel nicht längs am Körper zusammen, sondern halten sie im rechten Winkel abgestreckt. Sie können sie zwar auch falten, jedoch tun sie das nur im Ausnahmefall. Die Augen der Großlibellen berühren sich in der Kopfmitte häufig.
Großlibellenlarven sind nachtaktiv. Sie leben sehr versteckt in den Pflanzen, und sie sind durch ihre Färbung gut getarnt. Häufig bleiben sie daher unbemerkt. Findet man angefressene tote Garnelen oder hat man im Garnelenaquarium rätselhafte Verluste, sollte man mit einer Taschenlampe ins dunkle Aquarium leuchten. Häufig fallen die Larven dann erst auf. Manchmal bemerkt man erst, dass eine Libellenlarve im Aquarium war, weil man eine fertige Libelle unter der Abdeckung des Aquariums oder im Zimmer findet.
Für ihre letzte Häutung zur Imago (also fürs geflügelte Stadium) verlässt die Libellenlarve das Wasser und setzt sich außerhalb auf eine feste Oberfläche. Die fertige Libelle schlüpft direkt aus der alten Larvenhaut und durchläuft kein Puppenstadium.
Großlibellenlarven leben im Wasser oft mehrere Jahre, bis sie sich zur Libelle häuten. Die Imago dagegen lebt meist nur wenige Wochen.
1 Aussehen und Vorkommen
Großlibellenlarven erinnern auf den ersten Blick ein bisschen an eine Spinne, die ins Aquarium gefallen ist. Sie haben jedoch nur sechs Beine. Der Kopf mit den großen Augen und der auffälligen Fangmaske an der Unterseite ist deutlich vom Körper abgesetzt. Der Hinterleib ist rundlich oder länglich und hat ein kurzes, meist pyramidenförmiges Anhängsel, das von fünf Schwanzstacheln gebildet wird. Großlibellenlarven sind schwer zu bestimmen, in der Regel braucht man dazu ein Mikroskop - vor allem die asiatischen Arten sind nicht einfach zu unterscheiden. Diese Libellenlarven werden im Aquarium bis 4 cm lang und sind von der Färbung her meist eher dunkel, braun bis fast schwarz, manche zeigen auch ein Streifen- oder Punktmuster.
Unter dem Mikroskop oder einer guten Lupe kann man die Segmente der Libellenlarve sehr gut erkennen. Ältere Larvenstadien zeigen schon einen Ansatz der Flügel auf dem Rücken am Brustschild.
Großlibellen kommen nahezu weltweit in gemäßigten bis tropischen Klimazonen vor. Durch die Aquaristik und hier vor allem durch Wasserpflanzen wurden asiatische Arten auch in Gebiete verschleppt, in denen sie nicht heimisch sind. In Deutschland gibt es rund um Wasserpflanzengärtnereien nachweislich schon etablierte Populationen nicht heimischer Libellenarten. Libellenlarven leben ausschließlich im Süßwasser.
2 Nahrung und Fressverhalten
Großlibellenlarven sind Jäger und fressen Kleinlebewesen: Insektenlarven, Kaulquappen, Wasserinsekten, Kleinkrebse, Würmer und so weiter. Großlibellenlarven gehen mit zunehmender Größe auch an ausgewachsene Garnelen und sogar an kleinere Fische. Achtung, mit ihrer Fangmaske können sie die menschliche Haut durchstoßen, der Biss einer Großlibellenlarve ist schmerzhaft!
Ihre Fangmaske am Unterkiefer wird in Sekundenbruchteilen nach vorne geschnellt und schlägt das Beutetier.
2.1 Problematik im Wirbellosenaquarium
Die Libellenlarven der Großlibellen sind groß und sehr räuberisch. Sie können bei Garnelen zu empfindlichen Verlusten führen und sogar Fische angreifen.
3 Fortbewegung
Großlibellenlarven schwimmen nicht. Sie krabbeln relativ langsam am Boden und an Oberflächen. Bei Gefahr können sie jedoch stoßweise ihr Atemwasser abgeben und sich so blitzartig nach vorne katapultieren und durchs Wasser schießen.
4 Fortpflanzung
Großlibellen legen zum Teil ihre Eier lose im Wasser ab, zum Teil stechen sie ihre Gelege auch in Pflanzengewebe ein. Libellenlarven können sich im Aquarium nicht fortpflanzen.
5 Wie kommt die Libellenlarve ins Aquarium?
Wenn sich nicht gerade eine Großlibelle ins Zimmer verirrt hat und dort im Aquarium ihre Eier ablegt - was in den seltensten Fällen passiert - schleppt man sich die Libellenlarven von heimischen Großlibellen mit Dekoration, Pflanzen oder Tümpelfutter aus der Natur ins Aquarium ein. Auch gibt es Libellenlarven mit frostresistenten Eiern, die frei im Wasser abgelegt werden und theoretisch den Weg über Frostfutter ins Aquarium schaffen könnten - zum Beispiel die Gemeine Heidelibelle (Sympetrum vulgatum).
Die asiatischen Arten dagegen kommen in der Regel mit gekauften Wasserpflanzen. In der Gärtnerei in Asien stechen die Libellenweibchen ihre Gelege ins Pflanzengewebe ein, wo sie vor äußeren Einflüssen gut geschützt sind und sogar von der immer noch üblichen Pestizidbehandlung vor dem Export nicht betroffen sind.
6 Überlebenstechniken
Die Libellenlarven von Großlibellen sind gut getarnt und nachtaktiv. Sie sind Meister der Tarnung und verstecken sich bestens im Aquarium. Ihr Fluchtreflex kann das Einfangen schwierig machen. Droht das Gewässer auszutrocknen, können sich Libellenlarven unter Steinen oder Pflanzen im Schlamm eingraben oder sogar das Gewässer verlassen und eine längere Strecke über Land zurücklegen.
Gut getarnt sitzt diese Libellenlarve in den Pflanzen im Aquarium.
7 Libellenlarven fangen
Alles, was Libellenlarven tötet, tötet auch Garnelen. Auf Fressfeinde im Aquarium sollte man daher nicht zurückgreifen. Auch kupferhaltige und ähnliche giftige Präparate sind gleichermaßen für Garnelen wie für Libellenlarven schädlich - auch sie sind in Wirbellosenaquarien daher kein Mittel der Wahl. Am besten sammelt man Libellenlarven daher ab - besonders in gut bepflanzten Aquarien ein echtes Geduldsspiel! Etwas einfacher ist diese Aufgabe, wenn das Licht im Aquarium aus ist, dann kommen die nachtaktiven Libellenlarven zum Vorschein. Leuchtet man mit einer Taschenlampe ins Aquarium, sieht man sie recht gut und kann sie dann vorsichtig (der Fluchtreflex ...) abkeschern.
7.1 Libellenlarven aussetzen?
Alle heimischen Libellen stehen unter Naturschutz. Seid ihr sicher, dass die Libellenlarven mit Tümpelfutter oder Naturdeko ins Aquarium kamen, solltet ihr sie einfach dorthin zurückbringen, woher sie kamen.
Schwieriger ist es mit nicht heimischen Arten, die man mit Wasserpflanzen ins Aquarium geholt hat. Sie dürfen auf keinen Fall in die Natur gelangen, damit sie sich nicht als Neozoen ansiedeln können, die heimische Arten verdrängen würden. Die Bestimmung von Libellenlarven ist schwierig, im Zweifel sollte man gefundene Großlibellenlarven wie eine nicht heimische Art behandeln.
7.1.1 Rechtliches
Laut Auskunft des Thüringer Landesverwaltungsamts, Referat 410 | Naturschutz vom 11.04.14 gibt es unter den asiatischen Libellen keine besonders geschützten Arten bezogen auf CITES und auf die EU-Artenschutzverordnung. Des weiteren wurde mitgeteilt, dass sich das naturschutzrechtliche Tötungsverbot im Bundesnaturschutzgesetz nur auf wild lebende Tiere bezieht. Selbst Larven heimischer Libellenarten im Aquarium seien nicht als wild lebend zu bezeichnen, weil sie sich eben in menschlicher Obhut befänden - daher sei aus den einschlägigen naturschutzrechtlichen Bestimmungen kein Tötungsverbot für Libellenlarven abzuleiten, die man beim Neukauf von Wasserpflanzen unwissentlich mit erwirbt.
Eine Auskunft des Bundesamtes für Naturschutz vom 10. Mai 2012 durch den Referatsleiter Rechtsangelegenheiten Artenschutzvollzug, I.1.3 besagt, dass insbesondere bei nicht-europäischen Libellenarten, die sich im Aquarium entwickelt haben, eine Tötung gerechtfertigt sein kann, um die heimische Fauna zu schützen.
7.2 Was tun mit den Libellenlarven?
Im Aquarium gefundene Libellenlarven, die nicht bei uns heimisch sind, dürfen nicht ausgesetzt werden. Auch geschlüpfte nicht heimische Libellen dürfen nicht in die Natur gelangen. Was also tun? Man kann die Tiere separieren und groß werden lassen. Sie lassen sich gezielt mit Würmern und anderem Lebendfutter füttern. Die geschlüpften Libellen lassen sich in einem Terrarium halten.
Wenn diese Möglichkeit fehlt, kann man zum Beispiel über ein Naturkundemuseum oder in entsprechenden Gruppen auf Facebook Libellenfreunde finden, die asiatische beziehungsweise nicht heimische Libellen entsprechend so halten, dass sie nicht in die Natur entkommen können.
Wenn auch diese Möglichkeit nicht besteht, sollte man die Libellenlarven möglichst schnell töten. Auch das Abtöten mittels Salz-Eiswasser ist neben Erschlagen eine Möglichkeit. Kochsalz wird in warmes Wasser gegeben, bis die Lösung gesättigt ist und Salzkristalle am Boden des Gefäßes bleiben, die sich nicht mehr lösen. Dieses Salzwasser wird ins Tiefkühlfach gestellt. Eine konzentrierte Salzlösung gefriert nicht, wird aber bis -18°C kalt. So stirbt die Libellenlarve einen schnellen Tod.
Wenn ihr mit Libellenlarven von Großlibellen umgeht, achtet auf eure Finger! Ihr Biss ist durchaus spürbar.
Autor(en)
Ulli Bauer
Fotos: Nadine Becella, Video: Nadine Becella