1 Warum animpfen?
Ein frisch eingerichtetes Aquarium hatte noch keine Zeit, eine Bakterienflora aufzubauen, die die Aquarienbiologie durch Schadstoffabbau unterstützt. Im Aquarium fallen organische Schadstoffe an (abgestorbene Pflanzen, Futterreste, Kot, tote Tiere, …), die von Bakterien abgebaut werden. Es ist also durchaus sinnvoll, gleich die richtigen Bakterien einzubringen und das Aquarium "anzuimpfen". Dem dafür zuständigen Vorgang, der Nitrifikation beziehungsweise dem Stickstoffkreislauf haben wir einen eigenen Wiki-Artikel gewidmet, und auch die Einfahrphase des Aquariums behandeln wir in einem eigenen Eintrag. Bitte klick auf die grün unterlegten Wörter, um zum jeweiligen Artikel zu gelangen.
Übrigens kann es auch bei schon länger laufenden Aquarien nicht schaden, wenn man ab und zu einmal die Bakterienflora ergänzt und Arten einbringt, die im Becken vielleicht schon ausgestorben sind. Ein Aquarium ist kein statisches System, und wenn sich die Bedingungen ändern, ist es möglich, dass die Bakterienpopulation in ihrer Zusammensetzung nicht mehr so gut passt wie vorher.
2 Wie kommen die "guten" Bakterien ins Aquarium?
2.1 Einfach abwarten
Man kann einfach so lange warten, bis sich "von selbst" eine passende Bakterienflora ausbildet - das geht, aber kann eine lange Zeit dauern. Die nitrifizierenden Bakterien sind eigentlich Bodenbakterien, die eben auch im Wasser überleben können, wenn sie ausreichend Sauerstoff haben. Sie sind damit durchaus einfach Teil des natürlichen Staubes und gelangen so auch ganz von alleine ins Aquarium. Allerdings dauert es, bis sie in den Mengen vorliegen, die dann auch effektiv Schadstoffe abbauen können. Auch auf Pflanzen aus laufenden Aquarien sitzen bereits nützliche Bakterien in Biofilmen, aber auch hier kann es länger dauern, bis die Aquarienbiologie im Gleichgewicht ist, weil die Bakterienmenge vergleichsweise recht gering sein kann. Bringt man von außen gleich die passenden Bakterien ein, dauert das Einfahren des Aquariums deutlich weniger lang.
2.2 Filterschwamm ausdrücken
Um diese Einfahrzeit abzukürzen, hört man oft, man solle einfach den Filterschwamm aus einem bereits laufenden Aquarium ausdrücken. Sinnvoll ist das jedoch nicht immer: Mit der Zeit bildet sich in jedem Aquarium eine sehr spezifisch auf die Verhältnisse abgestimmte Bakterienflora aus. Es kann dadurch vorkommen, dass man nur noch ganz wenige Bakterienarten ins Aquarium einbringt und das neue Becken nie richtig zum Laufen kommt.
Erkennen kann man das zum einen daran, dass in solchen Aquarien dann immer noch etwas Nitrit nachweisbar ist, zum anderen daran, dass das System sehr schnell aus dem Gleichgewicht kommt. Nur ein wenig zu viel Futter und die Biologie gerät aus dem Gleis. Das Wasser "kippt" und in schlimmen Fällen sterben sogar Tiere dabei.
Was ebenfalls passieren kann, wenn man "gebrauchten" Filterschlamm ins neue Aquarium einbringt: Man kann Krankheitserreger, Schädlinge und Parasiten aus dem bereits laufenden Aquarium ins neue System einschleppen. Sehr oft sitzen Würmer wie Planarien im Filter, aber auch Krankheitserreger wie die Erreger der Krebspest (Aphanomyces astaci) oder der Weißpünktchenkrankheit bei Fischen (Ichthyophthirius) - um nur zwei Beispiele zu nennen - können mit Filterschlamm aus einem laufenden Aquarium übertragen werden. Sogar dann, wenn im laufenden Becken eigentlich gar keine Probleme sichtbar geworden sind.
2.3 Präparate aus dem Handel
Besser ist es, ein Aquarium gleich von Anfang an richtig ins Laufen zu bringen und gleich eine große Zahl der passenden Bakterien einzubringen. Die wichtigsten Bakterien sind hier enthalten und so stabilisiert, dass sie im Aquarium wieder zu arbeiten beginnen können. Vorausgesetzt, das Präparat wurde sachgemäß gelagert, was nicht immer zu 100% gegeben sein kann.
Sehr gut bewährt haben sich hier beispielsweise Präparate der Firma Microbe-Lift (zum Beispiel Special Blend).
2.4 Der Erdaufguss
Der gute alte Erdaufguss ist schon sehr lange in der Aquaristik im Einsatz. Hier macht man sich zunutze, dass die Bakterien, die im Aquarium für sauberes Wasser sorgen, eigentlich in den obersten Bodenschichten leben, wo sie organische Abfälle umbauen und verstoffwechseln. Unsere normale Gartenerde enthält bereits aktive Formen von Nitritbakterien (wie zum Beispiel Nitrosomonas, Nitrosococcus und Nitrosospira) und Nitratbakterien (beispielsweise Nitrobacter, Nitrolancetus, Nitrospina, Nitrospira und Nitrococcus).
Um ein weites Spektrum dieser Bakterien in großer Zahl ins Aquarium einzubringen, braucht man daher lediglich einen halben Esslöffel ungedüngter Gartenerde, die man in einem sauberen Glas mit Wasser aufgießt. Gut umrühren, abstehen lassen. Wir verwenden nur das Wasser, nicht die abgelagerte Erde.
Ein Esslöffel des Wassers reicht für ein Standard-54er-Aquarium. Bitte nicht überdosieren - zu viel Erdaufguss im Aquarium führt zu absterbenden Bakterien, weil im neuen Aquarium nicht genügend Nahrung für sie zur Verfügung steht, und zu eindrucksvollen Bakterienblüten in der Folge, wenn die abgestorbenen Bakterien von anderen Bakterien verwertet werden. Ein paar Schwebeteilchen im Wasser machen übrigens nichts aus, sie sinken mit der Zeit ab und werden verwertet. Man sollte nur nicht die geballte Erdmasse ins Aquarium einbringen.