Die Nachzucht von Atyopsis moluccensis

Die Nachzucht von Atyopsis moluccensis wird nicht sonderlich häufig versucht und gilt als Königsklasse der Garnelen-Aquaristik. In diesem Zuchtbericht von 2011 beschreibt Jenny Luetz aus Schweden, womit sie Erfolg hatte. Dieselbe Methode dürfte auch für Atya scabra, Atya gabonensis und alle anderen Fächergarnelen mit marinen Larvenstadien funktionieren.

1 Elternbecken

In meinen Fächergarnelenaquarien habe ich einen Leitwert von 300 Mikrosiemens, einen pH von ca. 7,4, KH 2 und GH 8. In allen Becken herrscht eine Aquarientemperatur von 24-25°C. Das Wasser kommt so schon aus der Leitung und wird nur noch durch einen Blockfilter mit 0,3 µm gejagt, bevor es in die Becken kommt. Ich mache einmal die Woche einen Wasserwechsel von 30-40%, denn durch das viele Füttern verschlechtert sich die Wasserqualität schnell, wenn man nicht aufpasst.

Die Becken haben keinen richtigen Filter, denn das Futter soll ja recht lange durch das Becken wirbeln. Die Konstruktion sieht so aus:

1.1 Fütterung der Elterntiere

Gefüttert wird 2 Mal am Tag. Das Futter wird in einem kleinen Schnapsglas mit Aquarienwasser angerührt und dann mit einer 15 cm langen Plastikpipette in die Strömung vor die Garnelen gespritzt. Die Kaffeemühle ist mein bester Freund, alles wird zu Staubfutter verarbeitet.

Auf dem Speiseplan stehen:

Gruppe 1: Eichenblätter, Walnussblätter, Haselnussblätter, Schwarze Johannisbeerblätter, Brennnesseln, Hokkaidokürbis, Spezialfutter für Fächergarnelen. Gibt es jeden Tag, immer schön abwechselnd, natürlich alles als Staubfutter.

Gruppe 2: Geschälte Artemieneier, Spirulinapulver, frische kleine Artemien, lebende Cyclops, lebende Moina, gekochte Erbsen (zermanscht), Liquifry 2, Pollen. Wegen des hohen Proteingehalts mische ich nur 2 Mal die Woche etwas von dem Futter aus Gruppe 2 dem Futter aus Gruppe 1 zu.

Nach dem Wasserwechsel gibt es jeweils 15 Tropfen Red Sea Success Jod. Ob das wirklich hilft, wer weiss, aber ich habe deutlich mehr Weibchen mit Eiern, seitdem ich das mache.

2 Zutaten

  • Eine Molukken-Zuchtgruppe. Bei mir bestehend aus sieben schicken Damen und drei feschen Kerlen.
  • Ein Strömungsbecken, am besten ein reines Artenbecken. Wichtig ist, dass sich die Fächerlis wohlfühlen.
  • Drei 20l Aquarien

 

Wenn sie sich wohlfühlen, schaut man eines Morgens ins Becken und wird vom Anblick eierbespickter Weibchen freudig überrascht. Jetzt bitte keine Panik.

Als erstes braucht man eine Post-It-Note. Darauf notiert man sich das Datum und klebt es ans Aquarium. Damit erspart man sich hektische Rechnerei, wie weit die Dame denn schon seien könnte zum späteren Zeitpunkt.

Als nächstes braucht man die 3 kleineren 20l Aquarien.

  • 1 Aquarium als Exilaquarium für die werdende Mama
  • 1 Aquarium mit Salzwasser für die Larven
  • 1 Aquarium für die fertigen Molukkenbabies

2.1 Becken 1 - Das Exilbecken

In einem Strömungsbecken eine gute Larvenausbeute zu machen ist relativ schwierig. Die meisten Larven landen in den Fächern der Artgenossen, bevor man entdeckt, dass die Mutter sie entlassen hat - oder sie werden von den Powerheads zerkleinert.

Deshalb brauchen wir ein kleines eingefahrenes Aquarium, in das wir die werdende Mutter umsetzen, kurz bevor die Eier "reif" sind. "Trial and Error" hat gezeigt, dass man einen kleinen Filter im Aquarium haben sollte. Ohne Filter wird das Wasser schnell schlecht. Ausserdem brauchen wir eine gewisse Strömung im Aquarium, sonst werden die Larven nicht entlassen. Und die Dame soll ja auch fächern können.

Am besten impfen wir das Aquarium mit Wechselwasser und etwas Filterschlamm aus dem Strömungsbecken an und lassen es gut einfahren. Empfehlenswert sind auch wenige Schnecken (am besten solche, die sich NICHT im Süsswasser vermehren) zur Schmutzbeseitigung.

Der Boden sollte mit einer dünnen Schicht Kies bedeckt sein; die Molukken reagieren sehr panisch, wenn sie sich auf dem glatten Glasboden nicht festhalten können. Und dann braucht man noch sowas wie einen kleinen Tunnel/Brücke in der Strömung wo sich die Mutter verstecken und fächern kann.

Regelmässige Wasserwechsel sind sehr wichtig. Es sollte auch gut und abwechslungsreich gefüttert werden.

Das Aquarium sollte 24°C haben, eine regulierbare Heizung ist also von Vorteil. Bitte sicherstellen, dass das Aquarium eine Abdeckung hat! Molukken können hüpfen und klettern und sie sind meist nicht besonders begeistert von "Exil".

2.2 Becken 2 - das Larvenbecken

Ein weiteres 20 l fassendes Becken mit Abdeckung wird hierfür benötigt. Das Becken kann auch grösser sein. Allerdings wird es dann schwieriger, die Larven korrekt zu füttern und vor allem, die fertigen Molukken wieder einzufangen. Deshalb also 20 l.

Wichtig ist ein Heizstab, um das Wasser bei 26 °C zu halten. Die Larven sind sehr temperaturanfällig, und sollte das Wasser mal kälter werden, kippen die ersten schnell um.

Dann braucht man noch zwei Luftschläuche und zwei Ringsauger. Man fädelt jeweils einen Schlauch durch einen Ringsauger und befestigt diese dann diagonal voneinander entfernt in der jeweiligen Aquarienecke. Auf dem Silikon der Ecken werden sich später die fertigen Molukkenbabies zum Fächern in der Strömung sammeln.

Ein Absperrhahn für jeden Schlauch ist ebenfalls von Vorteil, um einen Bubbelsturm im Aquarium zu vermeiden. Ansonsten braucht das Aquarium keine Einrichtung.

Jetzt nimmt man sich zwei grosse Eimer mit 10 Litern Fassungsvermögen und füllt diese mit warmen Wasser (ca. 25°C). Dann kommt das Salz dazu. Am bestem man kauft sich eine 2 kg Packung gutes Salz für Meerwasserbecken. Ich nehme 232 g Salz auf einen fast vollen Eimer mit Wasser. Schön einrühren, am besten für eine Stunde einen Powerhead rein, und dann ab ins Aquarium bis es voll ist.

Das Becken sollte nicht direkt am Fenster stehen, Beleuchtung reicht für 4 Stunden abends. Ansonsten genügt normales indirektes Tageslicht.

Die Luftschläuche an eine Luftpumpe anschliessen und so einstellen, dass man die einzelnen Blasen noch erkennen kann.

Damit unsere Larven etwas zu futtern haben, besorgt man sich einen Zuchtansatz von Nannochloropsis salina und schüttet den dazu oder greift auf eine im Seewasser-Bereich für Filtrierer und Korallen übliche Mischung von Phytoplankton zurück (meist ein Mix aus Nannochloropsis oculata, Phaeodactylum tricornutum und Chlorella).

Das Becken läuft jetzt ein bis unsere Larven schlüpfen. Bis dahin sollte sich eine schöne grüne Algenschicht auf dem Boden gebildet haben. Das Wasser selbst ist sehr grün. Sollte die Alge überhand nehmen, muss ein Wasserwechsel mit frischem Salzwasser gemacht werden.

2.3 Becken 3 - Babybecken

Die Molukkenbabies sind am Anfang noch viel zu klein, um sie ins Strömungsbecken zu den Eltern zu setzen ("Vom Winde verweht"-Effekt). Besonders um die Fütterung einfach zu gestalten und die Übersicht zu behalten, sollte man ein kleines Aquarium als Babybecken nehmen.

Dazu brauchen wir also wieder ein 20l Becken mit Abdeckung, Beleuchtung und Heizer. Ein kleiner Innenfilter ist auch erforderlich; er darf aber nicht zu stark sein. Dieses Becken füllen wir mit Wechselwasser und etwas Filtermulm aus dem Elternbecken und setzen ein paar Schnecken ein.

Auf den Boden kommen Kiesel (Grösse: Golfball -Tennisball). In eine Ecke in die Nähe des Filterausflusses hängen wir einen Beutel mit Zeolith. Dann lassen wir es einlaufen.

3 Wie geht es weiter?

Erstmal warten wir ab. Molukken mögen es gar nicht, aus ihrer gewohnten Umgebung gerissen zu werden. Internetrecherchen ergeben, dass es zwischen 21 bis 28 Tage dauert, bis die Larven entlassen werden. Nachdem wir so um den Tag 18 herum sichergestellt haben, dass die Wasserwerte des Exilbeckens denen des Strömungsbecken gleichen, schnappen wir uns einen Kescher und fangen das entrüstete Weibchen ein.

Dann setzen wir das eiertragende Weibchen vorsichtig und langsam um. Am besten lassen wir auch das Licht am ersten Tag aus. Es kann einige Tage dauern, bis das Weibchen sich an das Becken gewöhnt hat, dann wird sie wieder fächern.

Wenn die Eier weiss-gräulich sind, ist es bald Zeit für das Entlassen der Larven. Ich glaube, jeder fragt sich ängstlich, ob man denn die Larven auch sehen wird oder sie etwa verpasst. No panic, die Larven sind mit dem blossen Auge erkennbar. Einfach mal jeden Abend vor dem Schlafengehen mit einer Taschenlampe ins Aquarium leuchten. Die Larven werden meist bei Dunkelheit entlassen. Wenn man plötzlich jede Menge weissliche Kommas im Wasser schweben sieht, dann ist es soweit.

Nun heißt es erstmal den Filter ausstellen - und keine Hektik! Die Kleinen können einige Tage im Süsswasser überleben.

2 x pro Abend nehmen wir uns einen kurzen Luftschlauch (ca. 1 cm Durchmesser), leuchten mit der Taschenlampe in die eine Aquariumecke und warten 5 min. Die Larven schwimmen aktiv zum Licht. Jetzt können wir sie bequem in den Luftschlauch saugen und ins Salzwasserbecken transferieren. Eine langsame Anpassung ans Salzwasser bringt nix; dabei sind mir die Larven zu fast 95% gestorben. Beim direkten Umsetzen ins grüne Wasser dagegen ist die Überlebensrate signifikant höher.

Man hört oft, dass in der Natur alle Larven auf einmal entlassen werden. In Gefangenschaft scheint das nicht so oft der Fall zu sein. Meist zieht sich der Prozess über mehrere Tage hin. Wenn sich eine Dame sehr ziert, kann man es mit einem Wasserwechsel mit kühlem Wasser versuchen oder mal kräftig Strömung durchs Exilbecken jagen.

Sobald alle Larven entlassen wurden (oder wenn die Dame fast leer ist), kann man sie langsam wieder ins Strömungsbecken zurücksetzen.

4 Die Larven im Salzwasser

Bis zu diesem Punkt sind wohl schon viele gekommen, und hier werden wohl auch die meisten Fehler gemacht. Man sollte jetzt nach der Devise "Weniger ist mehr" vorgehen. Je weniger man an dem Becken rumexperimentiert, desto besser. Wenn ein Aräometer vorhanden ist, dann lässt man es im Becken schwimmen. So kann man jederzeit den Salzgehalt kontrollieren.

Die ersten 3-4 Tage lässt man die Larven in Ruhe und füttert nix. Das Wasser sollte relativ grünlich mit Nannochloropsis salina sein, das reicht als Futter.

Danach füttert man 5 Tropfen Liquizell pro Tag. Nicht mehr. Ja, das scheint doch recht wenig zu sein, aber für ein 20l Aquarium reicht das dicke. Und wir wollen ja auch nicht, dass das Wasser schlecht wird.

Jetzt braucht man Geduld. Bloss nicht am Salzwert rumpanschen. In den ersten 14 Tagen nur verdunstetes Wasser nachfüllen (gut umrühren).

Nach 14 Tagen sollte man mal einen Wasserwechsel (ein halber bis 1 Eimer) machen. Ein kleines Artemiensieb vor den Abflussschlauch halten, damit wir die Larven nicht versehentlich raussaugen und wegkippen. Das frische Salzwasser wird nach der oben erwähnten Methode angerührt. Bitte stellt absolut sicher, dass das Salzwasser im Eimer den gleichen Wert wie das Salzwasser im Aquarium hat (Aräometer) - und die gleiche Temperatur !!!

Dann einfach das Wasser ins Aquarium schütten und gut umrühren - und erschreckt euch nicht vor dem aufgewirbelten Schmutz, der ist nicht weiter schlimm.

Nach 3 Wochen kann man mal ein wenig Mikrozell anrühren und damit füttern. Ich hatte auch eine Flasche Grotech PlanktoMarin und habe da immer wieder ein paar Tropfen gefüttert.

Am Anfang driften die Larven eher wirr durch das Aquarium, immer dem Licht nach. Haben sie einen schönen Knick in der Mitte dann fressen sie. Je älter sie werden, desto mehr orientieren sie sich am Boden und fressen dort den Belag ab. Im Bild sind die Larven vier Wochen alt.

Interessanterweise scheint es im gleichen Wurf Blitzstarter und Spätzünder zu geben. Bei gleichen Bedingungen hatte ich nach 4 Wochen Larven zwischen 5 mm bis ca. 10 mm Grösse.

Auch gibt es unterschiedliche Angaben, wann denn die letze Metamorphose zur Fächergarnele stattfindet. Ich hatte oft von ca. 70 Tagen gelesen; meine ersten Larven waren allerdings schon nach 6 Wochen fertig. Die Spätzünder haben allerdings satte 2,5 Monate gebraucht.

Hier nochmals eine Detailaufnahme einer vier Wochen alten Molukken-Fächergarnelenlarve.

4.1 Fast fertige Molukken

Irgendwann schaut man dann mal in die grüne Salzwassersuppe und wundert sich, was da in der Nähe der bubbelnden Luftblasen in der Ecke sitzt. Die (fast) fertigen Molukken sind rötlich, man kann deutlich ihre Beinchen und den Schwanzfächer erkennen. Mit einer Lupe (oder mit einem Makroobjektiv) sieht man dann auch die winzigen Fächer, die sie in die Strömung halten. Ein toller Augenblick. Aber irgendwie sehen sie noch nicht ganz fertig aus.

5 Umsetzen

Da es auch hierzu keine Angaben gab, musste ich zwangsläufig experimentieren. Wieder einmal Trial-and-Error. Heraus kam folgendes:

  • Sehr langsame Anpassung ans Süsswasser (über 2 Wochen hinweg) = Alle Tiere verstarben sehr schnell.
  • Ruck-Zuck Methode (gleich rein ins Süsswassser) = Alle Tiere innerhalb 1 Stunde tot.

 

Was sich bewährt hat, ist folgendes: Man nehme eine Plastikschüssel, die ins Babyaquarium passt. Diese setzen wir auf die Wasseroberfläche des Babyaquariums und transferieren unsere (fast) fertigen Molukken mit ein bisschen Salzwasser hinein. (Das hört sich übrigens leichter an als es ist; die Molukken per Luftschlauch aus der grünen Salzwassersuppe zu fangen ist eine Schweinearbeit. Die Kleinen sind überaus lichtscheu und blitzschnell.

Jetzt nehmen wir einen kleinen Messbecher und schütten alle 10 min 20 ml Süsswasser aus dem Becken dazu. Dadurch dass die Schüssel auf dem Wasser schwimmt, gibt es keine Temperaturschwankungen. Nochmals, die Babies sind SEHR temperaturempfindlich!

Wenn die Schüssel voll ist, kann man die Kleinen mit dem Wasser ins Aquarium schütten. Die ersten Tage lässt man das Licht aus, normales indirektes Tageslicht reicht aus. Und immer weiter schön 5 Tropfen Mikrozell oder Liquizell füttern.

Im Süsswasser erfolgt die letzte Metamorphose zur fertigen Atyopsis moluccensis. Wenn man die (fast) fertigen Tiere im Salzwasser lässt, leben diese zwar weiter (bis jetzt schon 6 Wochen), sie entwickeln sich aber nicht weiter.

Am Ende meines Versuches konnten 33 Jungtiere mit einer Grösse von ca 3 cm ins Elternbecken umziehen.

 

Autor(en)

Jenny Luetz

Fotos: Jenny Luetz