Das Schneckenhaus bei Wasserschnecken

Das Schneckenhaus fungiert für die Schnecke als eine Art Außenskelett, das ihr die Bildung von Körperhöhlen ermöglicht. Zum Beispiel würde bei Lungenschnecken die Lunge ohne Häuschen einfach zusammenfallen. Die Farbe, Musterung, Form und Spiralrichtung des Gehäuses ist ein wichtiges Merkmal zur Artbestimmung bei den Schnecken.

1 Material

Das Schneckenhaus selbst besteht aus Kalk (Calciumcarbonat - CaCO3). Bei dünnen Gehäusen ist es fast durchsichtig, bei dickeren Gehäusen weißlich bis weiß. Die Öffnung heißt auch Mündung, die Spitze nennt man Apex. Das gedrehte Gehäuse wird in Windungen eingeteilt, die letzte Windung endet in der Mündung. Die scharfe Linie zwischen diesen Windungen nennt sich Naht oder Sutur. Im Schneckenhaus haben wir die Spindel, die in der Mitte des Gehäuses nach oben geht.

1.1 Periostracum

Überzogen wird das Schneckenhaus von einer aus gegerbtem Eiweiß (Conchiolin) aufgebauten organischen Schicht, dem Periostracum. Das Periostracum schützt die kalkhaltige Schale vor Säure und anderen Umwelteinflüssen. Hier werden die Farbpigmente eingelagert, die dem Schneckenhaus seine Farbe und Musterung verleihen. Für die Bildung dieser Schicht braucht die Wasserschnecke Eiweiß, das sie mit der Nahrung aufnimmt. Wasserschnecken können zwar pflanzliches Eiweiß in Aminosäuren aufspalten und zum Hausbau verwenden, einige Arten bevorzugen jedoch tierisches Eiweiß dafür. Viele Wasserschnecken sind daher keine reinen Pflanzenfresser.

Aus dem Periostracum können sogar haarähnliche oder borstenähnliche Strukturen wachsen.

1.2 Operculum

Das Gehäuse wird an der Öffnung bei den Vorderkiemern von einem hornigen oder kalkhaltigen Deckel verschlossen, dem Operculum. Es wächst konzentrisch, indem die Schnecke am Rand jeweils Material anlagert. Hiermit kann sie ihre Gehäuseöffnung verschließen ("sich eindeckeln") und sich so vor Umwelteinflüssen wie Trockenheit und teilweise auch vor Fressfeinden schützen. Vereinzelt kann es durch Entzündungen oder mechanische Verletzungen zu einem Verlust des Operculums kommen, dies ist für die Schnecke nicht weiter tragisch.

Nach einem Verlust kann das Operculum bei guter Nährstoffversorgung sogar regeneriert werden.

1.3 Verbindung von Gehäuse und Körper

Die Gehäusewände der spiraligen Schale stoßen im Inneren des Häuschens zusammen und bilden hier die sogenannte Spindel. Hier setzt der Spindelmuskel an, der das Gehäuse mit dem Körper verbindet. Durch Kontraktion dieses Muskels kann die Schnecke ihren Weichkörper ins Gehäuse einziehen.

Hin und wieder kann man eine Schnecke ohne Häuschen im Aquarium finden. Das hat den folgenden Grund: Der Spindelmuskel kann reißen, zum Beispiel bei einem Sturz oder wenn die Schnecke sich am Untergrund festhält und mit Gewalt von der Scheibe gezogen wird. Auch durch eine Infektion mit Bakterien kann die Verbindung geschwächt werden. Reißt der Spindelmuskel, verliert die Schnecke ihr Gehäuse und ist zum Sterben verurteilt.

Der Gehäuseverlust führt zu einem Mantelkollaps bzw. zu einer Mantelablösung. Ohne Häuschen kann eine Schnecke mit Lungenblase diese nicht mehr aufrecht erhalten und erstickt. Auch Kiemenschnecken ohne Gehäuse sind zum Tode verurteilt, weil ihnen die feste Struktur des Häuschens fehlt, um ihre inneren Organe und insbesondere die Kiemen funktionsfähig zu halten.

1.3.1 Schnecken richtig von der Scheibe lösen

Weil der Spindelmuskel relativ leicht reißen kann, sollte man niemals eine Aquarienschnecke mit Gewalt von der Scheibe abziehen. Besser ist es, sie durch vorsichtiges Hin- und Herschieben oder Anstupsen so zu ärgern, dass sie sich einzieht, loslässt und - so vorhanden - ihr Operculum vor die Öffnung klappt.

2 Bildung des Gehäuses

Schnecken nehmen nur einen Teil der von ihnen für die Gehäusebildung benötigten Stoffe über die Nahrung zu sich, sie können vor allem Kalk auch über ihren Mantel (Pallium) aus dem Wasser aufnehmen. Das Mantelgewebe gehört eigentlich zum Schneckenkörper dazu und überzieht die Innenseite des Gehäuses. Besonders dick ist es am Gehäuseeingang. Hier bildet das Mantelgewebe sowohl die Eiweißschicht als auch die Kalkschicht. Das Schneckenhaus wächst am vorderen Rand, an der Gehäuseöffnung. Das Mantelgewebe kann auch im Gehäuseinneren Kalk anlagern, dieser Mechanismus wird allerdings vorwiegend zur Reparatur genutzt.

3 Wachstum der Schnecke

Die erste Windung, sprich, die oberste Spitze (Apex) des Schneckenhauses wird - wie links im Foto zu sehen - bereits im Ei angelegt, sie ist also der älteste Teil des Gehäuses. Das Häuschen härtet erst nach dem Schlüpfen aus, wenn Kalk aus dem Wasser eingelagert wird.

Das Häuschen wächst mit der Schnecke zusammen in charakteristischen spiralförmigen Windungen oder Umgängen - mit Ausnahme einiger weniger Arten wie zum Beispiel der Zerbrechlichen Mützenschnecke Ferrissia fragilis oder der Porzellanschnecke Septaria porcellana, bei denen das Gehäuse eine flache Schale bildet, an deren Rand ringsum "angebaut" wird.

Auch Höcker, Erhebungen, Einschnitte, Streifen, Stacheln und weitere Skulpturierungen können im Zuge des Gehäusewachstums ausgebildet werden. Auch diese Charakteristika sind für die Artbestimmung wichtig.

Die Stelle, an der die Windungen aneinanderstoßen, nennt man "Naht" (Sutura).

Bei manchen Schnecken kann man den Zuwachs deutlich sehen, sie bilden die sogenannten Anwachsstreifen aus. Auch Wasserveränderungen zum Beispiel durch Umsetzen in andere Wasserverhältnisse kann man im Gehäuse sehen, hier sieht man oft die so genannten Wasserwechselstreifen - verdickte Anwachsstreifen.

4 Rechtsgewunden und linksgewunden

Ob die Windungen sich links oder rechts drehen, ist artspezifisch und dient als wichtiges Unterscheidungsmerkmal. Die Windungsrichtung wird über die Mutter vererbt. Von "rechts gewunden" (dextral) spricht man, wenn man das Schneckenhaus mit der Spitze nach oben hält und die Öffnung nach rechts zeigt. Bei links gewundenen Schneckenhäusern (sinistral) zeigt die Öffnung dementsprechend nach links.

Neptunea - links&rechts gewonden

Gehäuse von Meeresschnecken, links: linksgewunden, rechts: rechtsgewunden
(Nyst, P.H., 1878-1881. Conchyliologie des terrains tertiaires de la Belgique. -- Ann. Mus. r. Hist. nat. Belg., 3: 1-262 (1878), 28 pls. (1881)

5 Korrosion

Durch mechanische Verletzungen zum Beispiel beim Graben oder durch kommensalisch lebende Organismen wie Caobangia sp. kann das Periostracum verletzt werden. Bei vielen Schnecken sieht man dies insbesondere an den ältesten kleinsten Windungen. Hier kann dann Säure im Wasser ungehindert am Kalkgehäuse fressen und hier kann man oft regelrechten Lochfraß sehen. In der Regel bewohnt die Schnecke diese oberen, ältesten Windungen direkt unterhalb des Apex nicht mehr, von daher macht ihr ein an der Spitze korrodiertes Gehäuse nicht viel aus, auch wenn es teilweise - vor allem bei Wildfängen - dramatisch aussehen kann.

5.1 Kann die Schnecke ihr Gehäuse reparieren?

Jein. Wenn das Periostracum weg ist, ist es weg, es kann nicht nachgebildet werden. Löcher und sogar kleinere Risse im Kalkgehäuse jedoch kann die Schnecke von innen reparieren, indem sie mit Hilfe ihres Mantelgewebes von innen Kalk anlagert.

Eine Vorbeugung durch ausgewogene Kost auch mit tierischen Anteilen sorgt für ein stabiles Periostracum, dann tritt die Korrosion deutlich langsamer ein. Auch die Wasserhygiene spielt eine wichtige Rolle bei der Gesundheit der Schneckenhäuser.

5.2 Was tun bei einem großen Riss im Schneckenhaus?

Wenn Schnecken abstürzen und auf einen Stein oder ähnliches prallen, kann das Gehäuse beschädigt werden. Oft sind große Risse das Todesurteil. Aquarianer konnten solche Todeskandidaten schon retten, indem sie ein Stück Eierschale o.ä. mit Sekundenkleber auf die beschädigte Stelle klebten. Mit etwas Glück und wenn die Schnecke beim Sturz keine inneren Verletzungen erlitten hat, kann sie sich dann wieder erholen.

 

Autor(en)

Ulli Bauer

Fotos: Garnelenhaus, Dennis Vietze, Vanessa Oehmig, Grafik: Nyst, P.H., 1878-1881. Conchyliologie des terrains tertiaires de la Belgique. -- Ann. Mus. r. Hist. nat. Belg., 3: 1-262 (1878), 28 pls. (1881) (public domain, via Wikimedia Commons)

Quelle

Alexandra Behrendt, Chris Lukhaup: Schnecken fürs Aquarium - Ratgeber

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