Leitungswasser ist in vielen Fällen nicht für die Haltung empfindlicher Tiere (beispielsweise Garnelen aus den Sulawesiseen oder Garnelen aus sehr weichem Wasser wie Bienengarnelen, Shadow Shrimps und so weiter) geeignet. Dies kann diverse Gründe haben, zum Beispiel unpassende Wasserwerte, zu hohe bakterielle Belastungen sowie Stoffe, die durch die Wasserwerke zur Rohrreinigung und Desinfektion verwendet werden und auf Wirbellose in zu hoher Konzentration toxisch wirken. Um den Tieren in Aquarienhaltung dennoch optimale Lebensbedingungen bieten zu können, gibt es verschiedene Möglichkeiten: Die Verwendung von gefiltertem Regenwasser, demineralisiertem Wasser oder Osmosewasser, was in vielerlei Hinsicht die wohl unkomplizierteste Variante darstellt.
1 Das Prinzip der Osmose
Will man das Prinzip der Umkehrosmoseanlage verstehen, ist es vorteilhaft, das Prinzip der Osmose zu kennen, da es in der Natur von größter Bedeutung ist (siehe pH-Wert). Osmose beschreibt den Konzentrationsausgleich zweier Flüssigkeiten durch eine semipermeable (halbdurchlässige) Membran. Das bedeutet, dass die Ionen in der höher konzentrierten Lösung immer zur niedrig konzentrierten Lösung „wandern“ wollen. Dies nennt man den osmotischen Druck. Diese wandern solange durch die Membran, bis ein sogenannter osmotischer Druckausgleich zustande kommt. Auch in unseren Wassertieren finden ständig osmotische Prozesse statt.
2 Arbeitsweise einer Umkehrosmoseanlage
Die Umkehrosmoseanlage macht sich das Prinzip der semipermeablen Membran zunutze. Sind die Poren der Membran entsprechend klein, können sie nur die kleinen Wassermoleküle passieren, um so einen Konzentrationsausgleich zu erreichen. Wird auf der Seite der starken Lösung (= Leitungswasser) der Druck erhöht, werden die Wassermoleküle durch die Membran gedrückt. Zurück können sie nicht mehr. Auf der einen Seite erhöht sich daher die Konzentration der Ionen (Abwasser), auf der anderen Seite der Membran sammeln sich die Wassermoleküle (Reinwasser bzw. Permeat). Da sie aufgrund ihrer Größe die feine Membran nicht passieren können, bleiben unerwünschte gelöste Stoffe wie z.B. Härtebildner, Nitrat, Kieselsäure, Schwermetalle wie Kupfer und Blei, Rückstände von Pestiziden und Medikamenten auf der Seite des Abwassers.
3 Die Osmoseanlage
Um selbst Osmosewasser herstellen zu können, benötigt man eine Umkehrosmoseanlage. Diese wird an einen Wasserhahn angeschlossen und arbeitet mit dem Leitungsdruck. Bei Anlagen, die eine hohe Durchflussgeschwindigkeit erfordern, ist gegebenenfalls eine Pumpe zur Druckerhöhung notwendig, welche aber meist bereits integriert ist.
Diese Geräte bestehen in der Regel aus:
- einem Sedimentfilter aus Polypropylenvlies zur Entfernung von groben mechanischen Verunreinigungen wie Rost oder Sand
- einem Aktivkohlefilter mit Aktivkohlegranulat zur Entfernung organischer Verunreinigungen sowie Geruchs- und Geschmacksstoffen
- einer Membran, welche alle verbleibenden unerwünschten Schadstoffe entfernt
- einem Durchflussbegrenzer, welcher die Abwassermenge reduziert
Das Leitungswasser wird durch den Leitungsdruck durch eine semipermeable (halbdurchlässige) Membran gedrückt, wobei alle größeren Moleküle als H2O zurückgehalten werden. Diese Stoffe werden vom Wasserstrom als Abwasser ausgespült. Je nach Qualität der Anlage und des Wasserdrucks, der auf die Membrane einwirkt, sind Verhältnisse von Abwasser zu Permeat von 1:4 bis 1:1 möglich.
Die Fließgeschwindigkeit unter optimalen Bedingungen (Leitungswasserdruck) entspricht bei einer kleinen Anlage ungefähr 7,8 Liter in der Stunde (50GPD). Sie kann jedoch bei weniger optimalen Bedingungen und mit zunehmenden Alter der Membran auch viel geringer ausfallen.
4 Osmosewasser fürs Aquarium aufbereiten
Direkt aus einer Umkehrosmoseanlage erhaltenes Wasser ist noch nicht einsatzbereit für eine Nutzung im Aquarium. Produziert hat man auf diese Art und Weise Reinwasser (ein Wasser, das ähnlich wie destilliertes Wasser und vollentsalztes Wasser kaum noch Mineralstoffe enthält). Reinwasser alleine ist allerdings noch nicht tauglich fürs Aquarium, es muss erst noch remineralisiert, umgangssprachlich: "aufgesalzen", werden. Hierfür sind spezielle Aufhärtesalze im Handel erhältlich (zum Teil auch in Flüssigform). Diese sind jeweils auf die Nachempfindung verschiedener natürlicher Lebensraumgegebenheiten konzipiert. Darin enthalten sind lebenswichtige Mineralien sowie je nach Produkt geringe Mengen von Pflanzennährstoffen und ähnlichem. Diese Aufhärtesalze werden nach Packungsanleitung bis zum Erreichen eines bestimmten Leitwerts dem Osmosewasser zugegeben, welches anschließend für eine artgerechte Tierhaltung im Aquarium zu verwenden ist.
Es wäre theoretisch natürlich auch möglich das Wasser aus der Umkehrosmoseanlage mit Leitungswasser zu verschneiden (vermischen), jedoch wäre es eher kontraproduktiv, einen Teil der herausgefilterten Schadstoffe erneut zuzuführen.
5 Die Osmoseanlage spülen
Zur regelmäßigen Wartung einer Anlage gehört neben dem halbjährlichen Filterwechsel auch das Spülen der Anlage vor dem Betrieb. Das Spülen verlängert nicht nur das Leben der Membran, sondern hat auch direkten Einfluss auf die Wasserqualität des Wechselwassers.
5.1 Auswirkungen auf den Leitwert
Fehlt der Leitungswasserdruck an der einen Seite der Membran, findet ein Konzentrationsausgleich durch die Membran statt. Das in der Anlage verbliebene Reinwasser nähert sich somit wieder den Werten des Ausgangswassers an, je länger die Anlage nicht benutzt wurde, desto mehr – eine Spülung ist daher vor der neuerlichen Entnahme vonnöten. Zum Spülen reichen in der Regel einige Minuten, gut ersichtlich ist dies mit einem Leitwertmessgerät: Dieses zeigt in den ersten Minuten einen höheren Leitwert als üblich an.
5.2 Auswirkungen auf die Keimdichte
Ein weiter Grund, der für das Spülen der Anlage spricht, ist eine mögliche Ansammlung von Bakterien im in der Anlage verbliebenen Wasser und somit das Steigen der Keimdichte darin. Eine deutliche Korrelation der Keimdichte mit dem Leitwert ist ersichtlich - nach dem Spülen ist sie deutlich geringer: Befindet sich der Leitwert wieder im Normalbereich, so ist dies in der Regel auch die Keimdichte wieder.
5.3 Wie wird gespült?
Nicht bei allen Anlagen befindet sich ein sogenanntes Spülventil. Besitzt die Osmoseanlage keines, so kann man ganz einfach Osmosewasser produzieren, sollte aber das während der ersten paar Minuten produzierte Osmosewasser einfach durchlaufen lassen beziehungsweise wegkippen.
5.4 Keimdichtevergleich
Hier zu sehen der Keimdichtevergleich einer Osmoseanlage ohne Spülventil:
(rechts gemessen direkt zu Beginn, links etwas später)
Autor(en)
Ricardo Castellanos, Julius Well
Fotos: Grafik: Ricardo Castellanos