Was ist beim Einsetzen von Garnelen, Krebsen, Schnecken und Fischen in ihr neues Zuhause zu beachten? Einfach ab ins Aquarium kann gut gehen, kann aber auch böse schief gehen. Warum ist das so?
Wassertiere passen sich immer dem sie umgebenden Milieu an. Da ihr Körper einen höheren Salzgehalt aufweist als das sie umgebende Wasser, sind alle Süßwassertiere ständig damit beschäftigt, das durch den osmotischen Druck in sie eindringende Wasser wieder loszuwerden: die sogenannte Osmoregulation. Täten sie das nicht, würden ihre Zellen platzen.
Das überschüssige Wasser wird bei Fischen und vielen Wirbellosen als Urin durch die Nieren ausgeschieden.
1 Osmotischer Schock
Das Gleichgewicht zwischen außen und innen (die sogenannten Homöostase) zu halten erfordert einen hohen Energieaufwand, und die Vorgänge im Körper sind fein aufeinander abgestimmt. Wird ein Wassertier nun aus seiner gewohnten Umgebung zu plötzlich in ein anderes Milieu mit anderen Wasserwerten umgesetzt, kann es zu einem sogenannten osmotischen Schock kommen.
Vor allem das Umsetzen aus einem Aquarium mit hartem in ein Aquarium mit weicherem Wasser ist problematisch. Da die Umgebung nun auf einmal sehr viel weniger Salz enthält, dringt durch den gestiegenen osmotischen Druck mehr Wasser in das Tier ein. Im Extremfall kann es zu Schleimhautschäden kommen, Blutkörperchen können platzen, bei Fischen kann sogar das Knorpelgewebe verletzt werden.
Auch wenn Schäden nicht sofort sichtbar werden: Durch den Stress sich plötzlich ändernder Wasserwerte kann das Immunsystem geschädigt werden, was Sekundärinfektionen mit Parasiten wie Saugwürmern oder parasitischen Algen, Pilzen, Bakterien oder Viren begünstigt.
Sogar die Umstellung auf ähnliche neue Wasserwerte bedeutet Stress für die Tiere, deswegen hat sich mehr und mehr eine langsame Eingewöhung in ein neues Aquarium durchgesetzt. Dabei geht man von Tierart zu Tierart etwas unterschiedlich vor. Bei Garnelen ist beim Einsetzen anderes wichtig als beim Einsetzen von Schnecken, Krebsen oder Fischen ins Aquarium.
2 Garnelen eingewöhnen
Die Tröpfchenmethode ist eine Methode zur schonenden und langsamen Eingewöhnung bzw. Umgewöhnung aquatischer Tiere in ihren neuen Lebensraum. Gerade beim Einsetzen von Garnelen ins Aquarium hat sich diese Vorgehensweise bewährt. Auch eine noch so (für uns) kleine Differenz in den Wasserwerten kann für Aquarientiere bei zu schneller Änderung eine schwierige und stressige Situation darstellen, welche bis zum Tod führen kann (siehe pH-Wert).
Werden Garnelen zu schnell in ihr neues Aquarium umgesetzt, kann es zu einer Schockhäutung kommen. Ist der Körper der Garnele noch nicht bereit für die Häutung bzw. wurde noch kein neuer Panzer gebildet, führt diese Häutung zum Tod.
Beim Winterversand kann es vorkommen, dass die Garnelen in Kältestarre gefallen sind. Das kann dann dramatisch aussehen - als wären alle Tiere in der Transporttüte verstorben. Sind die Tiere jedoch nicht trüb, liegt vermutlich nur die Kältestarre vor, ein Schutzmechanismus der Wirbellosen gegen zu kaltes Wasser. Garnelen in Kältestarre muss man zunächst ganz langsam auf Zimmertemperatur kommen lassen. Wirft man die Tüte zur Temperaturangleichung ins Aquarium oder setzt die Tiere gar in warmes Wasser um, sterben sie leider meistens. Die Tüte mit dem kalten Wasser lässt man daher am besten für mehrere Stunden oder einfach über Nacht bei Zimmertemperatur stehen. Man kann sie dazu öffnen, damit mehr Sauerstoff ins Wasser diffundieren kann. Die Tiere sollten dann langsam aus ihrer Kältestarre erwachen und können dann wie weiter unten beschrieben langsam ins Aquarium eingewöhnt werden.
Besonders zu erwähnen sind hier Hochzucht-Tiere oder Tiere mit einem empfindlichen Immunsystem. Eine Vielzahl an Beispielen findet man unter den Garnelen: Bei Taiwan Bees / Shadow Garnelen, Bienengarnelen, Tigergarnelen, Sulawesi Garnelen wie der Kardinalsgarnele wie auch Neocaridina Farbvariationen (welche auch Hochzuchten sind und zudem oft einen stressigen Import hinter sich haben) hat das langsame Eingewöhnen an das neue Aquarienwasser einen hohen Stellenwert für die weitere erfolgreiche Haltung, denn die Folgen einer unzureichenden Eingewöhnung können sich auch nach Wochen noch tödlich auf die Garnelen auswirken.
Eine langsame Umgewöhnung sollte auch dann durchgeführt werden, wenn im neuen Aquarium identische Wasserwerte vorherrschen - wir können mit unseren begrenzten Mitteln in der Aquaristik schlicht nicht alles messen, was im Aquarienwasser gelöst ist, daher können sich auch Aquarien von den Wasserbedingungen stark unterscheiden, in denen scheinbar ähnliche Wasserwerte herrschen.
2.1 Tröpfchenmethode
2.1.1 Was braucht man?
Benötigt werden für die Tröpfchenmethode lediglich ein Behälter, ein Luftschlauch (4/6mm) und optional ein Absperrventil oder eine Schlauchklemme.
2.1.2 Wie wird's gemacht?
- Entleere das Transportwasser mitsamt den Garnelen vorsichtig in ein ausreichend großes sauberes Gefäß (zum Beispiel einen Eimer). Die Tiere werden im Eimer belassen, bis sich die Temperatur an die Raumtemperatur angeglichen hat.
Ist das Wasser sehr kalt, lass die Garnelen eine Zeit lang im Beutel bis die Temperatur sich etwas angepasst hat. Besonders gilt es Ruhe zu bewahren, wenn die Garnelen in Kältestarre verfallen sind und aussehen wie tot. Hier ist das sehr langsame Anpassen der Temperatur für das Überleben der Tiere entscheidend.
Zimmertemperatur reicht zum Angleichen aus, keinesfalls dürfen kalt gewordenen Garnelen mittels Heizstab oder warmem Wasser oder gar auf der Heizung oder der warmen Aquarienabdeckung aufgewärmt werden. Die Umstellung wäre viel zu schnell, dies kann zum Tod der Garnelen führen.
- Jetzt hängst du das eine Schlauchende in das zu besetzende Aquarium. Ans andere Ende steckst du das Absperrventil (z.B. Gardena MicroDrip), man kann alternativ in dieses Ende auch einfach einen Knoten machen. Abschließend nur noch kurz Wasser ansaugen, in das Gefäß halten und den Zufluss regulieren, bis es nur mehr langsam tropft.
- Es werden abschließend nur die Garnelen umgesetzt; das Transportwasser sollte nicht ins Aquarium entleert werden, da das Risiko so höher ist, schädliche Keime oder belastende Stoffe ins Becken zu bringen.
Auf diese Art kann man Zwerggarnelen, Fächergarnelen und auch Großarmgarnelen langsam über mehrere Stunden an die neuen Verhältnisse im Aquarium gewöhnen, um sie dann relativ stressfrei einzusetzen. Je größer die Differenz bei den Wasserwerten, umso länger sollte man diesen Vorgang laufen lassen. Die Wassermenge sollte sich hier mehr als verdoppeln.
Diese Methode wird sehr häufig empfohlen, um Garnelen an ihr neues Umfeld zu gewöhnen, sie kann jedoch im Prinzip für jede Aquarientierart gleichermaßen eingesetzt werden.
2.2 Alternative zur Tröpfchenmethode
Alternativ zur Tröpfchenmethode können auch über einem Zeitraum von mindestens 2 Stunden in regelmäßigen Abständen (etwa 15 Minuten) kleine Mengen des Aquarienwassers mit einem Becher per Hand in das Gefäß mit den Garnelen gegeben werden. Nach zwei Stunden sollte mindestens die zweifache bis dreifache Menge Wasser im Eimer sein.
3 Schnecken eingewöhnen
Auch vermeintlich robuste Schnecken sollten keinesfalls einfach so ins Aquarium geworfen werden, da die Möglichkeit besteht, dass diese sich aufgrund der abrupten Veränderung ihrer Umwelt in ihr Häuschen verkriechen, nicht mehr hervorkommen und langsam verenden.
Das Eingewöhnen von Aquarienschnecken nach dem Kauf erfolgt etwas anders als bei Fischen oder Garnelen, nichtsdestotrotz gelten dieselben Rahmenbedingungen: Auch bei Schnecken ist sorgfältiges Eingewöhnen an die neuen Verhältnisse im Aquarium angesagt. Wie man diese jedoch eingewöhnt, hängt vor allem von der Art der Schnecke ab.
Haben sie keinen Deckel (wie zum Beispiel die verschiedenen Posthornschnecken oder auch Blasenschnecken), werden diese wie Garnelen mit der Tröpfchenmethode eingewöhnt.
Schnecken, die ein Operculum (Deckel) an der Gehäuseöffnung haben, schließen sich bei Stress in der Regel in ihrem Gehäuse ein. Sie harren in diesem Zustand aus, bis wieder Wasser in der Nähe ist oder bis der Stress nachlässt. Je nach Art schließt der Deckel sehr dicht, daher ist hier die Tröpfchenmethode nicht geeignet. Die Schnecke verschließt sich, bekommt die ganze vorsichtige Wassergewöhnung gar nicht mit und bekommt dann erst einen Schock, wenn sie in das neue Wasser gegeben wird. Hier hat sich der sogenannte Schneckenbalkon zur Eingewöhnung bewährt. Zu den meist gehaltenen Vertretern der Deckelschnecken im Aquarium gehören zum Beispiel die fast allgegenwärtigen Malaiischen Turmdeckelschnecken (TDS), aber auch Rennschnecken und Geweihschnecken, Pianoschnecken, Sumpfdeckelschnecken und Tylomelania.
3.2 Schneckenbalkon
3.2.1 Was braucht man?
Benötigt werden ein Stück Styropor und Saugnäpfe oder alternativ ein schwimmfähiger Plastikbecher (wie etwa ein kleiner InVitro Becher) oder ein spezieller Steg aus Plastik zum Einsetzen von Schnecken.
3.2.2 Wie wird's gemacht?
- Drücke die Saugnäpfe seitlich in das Styropor. Lege das Styroporstück nun auf die Wasseroberfläche und befestige es mit den Saugnäpfen an dem Aquarienglas, damit es nicht forttreiben kann. Anschließend befeuchte es noch ein wenig mit Aquarienwasser. Alternativ bzw. falls vorhanden kann man die Schnecken auch auf den mit Wasser benetzten Steg setzen.
Hast du nur einen Plastikbecher zur Verfügung, benetze den Boden des Bechers leicht mit Wasser aus dem Aquarium benetzen und lasse ihn auf der Wasseroberfläche in einer ruhigen Ecke treiben. - Die Schnecken können jetzt auf das Styropor gesetzt werden. Sie lüften ihren Deckel Stück für Stück und gewöhnen sich so ganz allmählich an die neuen Wasserwerte im Aquarium. Nach einiger Zeit kommen sie von selber aus dem Häuschen und begeben sich in „Schneckentempo“ ins Wasser.
Verwendest du einen Becher zur Eingewöhnung deiner Aquarienschnecken, so ist die Sache etwas komplizierter: Sobald die Schnecken alle aus dem Häuschen gekommen sind, gibst du vorsichtig schluckweise immer etwas mehr Aquarienwasser in den Becher und entlässt die Schnecken erst dann ins Aquarium, wenn sie aktiv im Becher umherkriechen.
Bezweifelt man, dass die Schnecken den Transport überlebt haben, kann man dies anhand des Geruchs feststellen. Verendete Schnecken kann man sehr einfach an ihrem sehr strengen Geruch erkennen — bitte nur vorsichtig schnuppern!
4 Krebse eingewöhnen
Beim Eingewöhnen von Flusskrebsen und Zwergkrebsen ins Aquarium geht man nur bei empfindlichen Arten, bei stark vom Transport gestressten Tieren und bei Importen ähnlich vor wie bei Garnelen. Bei Aquarienkrebsen spielt das Angleichen der Temperatur eine wichtige Rolle, sowie das langsame Gewöhnen an die neue Umgebung.
In Wasser versendete Krebse setzt man mitsamt dem Transportwasser in eine Schüssel und wendet die weiter oben beschriebene Tröpfchenmethode an, lässt also langsam Wasser aus dem Aquarium hinzutropfen. Achtung, Krebse klettern und nutzen dabei auch den Tropfschlauch als Fluchthilfe, also gut beobachten und den Eingewöhnungsbehälter gegebenenfalls abdecken!
Bei feucht versendeten Krebsen geht man im Prinzip genauso vor und setzt die Tiere mit dem wenigen Wasser aus dem Transportbehältnis in einen Eimer oder dergleichen. Solange die Kiemen feucht sind, schadet es dem Krebs nicht, wenn er nicht vom Wasser bedeckt ist. Dann wendet man wieder die bewährte Tröpfchenmethode an und lässt langsam Wasser aus dem Aquarium hinzukommen.
Robuste Krebse und deutsche Nachzuchten (DNZ), die keinen großartigen Transportstress hinter sich haben, werden lediglich von der Temperatur her angeglichen und können direkt umgesetzt werden. Auch in der Natur wandern gesunde Krebse von Gewässer zu Gewässer und können sich daher in der Regel sehr gut an die neuen Gegebenheiten anpassen.
5 Krabben eingewöhnen
Bei Landkrabben ist es einfach: Man stellt das Transportgefäß ins Terrarium, schaltet das Licht aus und lässt die Tiere ganz entspannt ihren Weg von selbst nach draußen finden.
Bei in Wasser oder feucht versendeten semiterrestrisch lebenden Krabben, die sowohl im Wasser als auch an Land zu finden sind, geht man genauso vor.
Bei rein aquatil lebenden Krabben wendet man die Tröpfchenmethode an, genau wie bei Flusskrebsen. Hier muss man ebenfalls sehr gut auf die Tiere aufpassen, Krabben klettern noch besser als Krebse und entwickeln eine erstaunliche Kraft. Lose aufgelegte Deckel auf dem Eingewöhnungsgefäß sind auch für kleinere Tiere in der Regel kein Problem und werden mühelos beiseite geschoben.
6 Fische eingewöhnen
Grundsätzlich sollte hier genauso vorgegangen werden wie weiter oben bei den Garnelen beschrieben. Oft weisen Fische eine höhere Toleranz auf, weshalb sie meist nicht mit einem Luftschlauch und der Tröpfchenmethode an die neuen Verhältnisse im Aquarium gewöhnt werden müssen. Das Einsetzen von neuen Fischen ins Aquarium gestaltet sich etwas weniger aufwändig.
6.1 Was braucht man?
Benötigt wird lediglich ein Behälter (Eimer).
6.2 Wie wird's gemacht?
- Entleere das Transportwasser samt Fischen in einen sauberen Eimer und warte, bis sich die Temperatur des Wassers an die Raumtemperatur angepasst hat. Oft wird empfohlen, den Beutel in das Aquarium zu legen; empfehlenswerter und schonender ist jedoch das Angleichen über die Raumtemperatur, da durch die Nähe zur Beleuchtung und durch die Wärme des Aquarienwassers sich die Temperatur zu schnell erhöht. Hast du die Möglichkeit einer separaten Eingewöhnung mit einem Eimer nicht, solltest du auf jeden Fall die Aquarienbeleuchtung während der Eingewöhnung ausschalten.
Vorsicht bei springenden Fischen! Im Zweifel das Eingewöhnungsgefäß besser mit einem Tuch oder einem lose aufliegenden Deckel abdecken. - Nachdem das Wasser in Eingewöhnungsbehälter Zimmertemperatur erreicht hat, gibt man etwa alle 5 Minuten ein wenig Wasser aus dem Aquarium dazu. Dieser Vorgang darf ruhig eine Stunde dauern, das Wasser sollte sich zumindest verdoppeln. Die Anwendung der Tröpfchenmethode kann diesen Schritt erleichtern.
- Die Fische können nun ins Aquarium eingesetzt werden, das Transportwasser sollte jedoch weggeschüttet werden, da wir den angesammelten Kot, mögliche Keime und Schadstoffe nicht mit ins Aquarium geben möchten. Zum Umsetzen verwendet man daher am besten einen Kescher. Zusätzlich sollte man spätestens jetzt das Licht im Aquarium für ein paar Stunden ausschalten - die Fische haben im Halbdunkel des indirekten Tageslichts weniger Stress, sich in der neuen Umgebung zurechtzufinden.
Autor(en)
Ricardo Castellanos
Co-Autor(en)
Ulli Bauer
Fotos: Ricardo Castellanos, Thomas Naumann, Chris Lukhaup, Vanessa Oehmig