Garnelen in Leitungswasser halten?

“Kann ich Garnelen in Leitungswasser halten?” Diese oft gestellte und scheinbar so einfache Frage kann man eindeutig mit “Jein” beantworten.

1 Leitungswasser ist nicht gleich Leitungswasser

Es gibt Leitungswasser in Deutschland, die durchaus garnelentauglich sind. Manche sind durch ihren geringen Härtegrad als Weichwasser zu bezeichnen und damit grundsätzlich geeignet für z.B. Bienengarnelen und Co.. Aus so manchem anderen Wasserhahn kommt hartes Wasser, und einige Leitungswasser sind von den Werten her sogar geeignet, um z.B. Sulawesigarnelen zu halten.

Selbst bei zwei benachbarten Wasserversorgern kann es schon zu großen Unterschieden kommen, z.B. durch geologische Gegebenheiten, ob mooriges oder steiniges Gebiet. Allein in Hamburg gibt es dadurch Differenzen bei den Werten von GH 5 bis GH 19. Man kann also hier allein schon nicht von “Hamburger Leitungswasser” sprechen, umso weniger von einem gemeinsamen Leitungswasser deutschlandweit. Daher Vorsicht bei der Aussage “Leitungswasser”, der Begriff sagt nichts über eine Gemeinsamkeit oder die Aquarientauglichkeit aus. Selbst wenn man in Hamburg wohnt und von jemandem aus Hamburg Garnelen kauft, der die Tiere in Leitungswasser hält, kann es bei einem selber völlig unterschiedlich oder sogar problematisch für die Tiere sein, denn oft sind nicht allein die verschiedenen Wasserhärten das Problem.

2 Mögliche Probleme

Das Wasser aus deutschen Leitungen ist zwar als Trinkwasser geeignet, und wenn überhaupt, dann schmeckt es in den verschiedenen Regionen nur etwas anders, einen großen Unterschied bemerken wir Menschen aber nicht.  Wie oben bereits erwähnt, kann es aber für Garnelen oder auch andere Aquarienbewohner teilweise extreme Unterschiede geben. Allein die Wasserwerte wie Gesamthärte (GH) und Karbonathärte (KH) unterscheiden sich oft erheblich.

2.1 Kupfer und andere Schwermetalle

Dazu kommt, dass je nach Region oder bei individuell unterschiedlichen baulichen Bedingungen (z.B. Wasserleitungen aus Kupfer) ein Leitungswasser akut toxisch (giftig) für Garnelen sein kann, oder es kommt bei geringen, aber dennoch schädlichen Konzentrationen von z.B. Schwermetallen zu schleichenden Vergiftungen. Dies macht sich dann durch regelmäßige Todesfälle von einzelnen Garnelen bemerkbar.

2.2 Polyphosphate

Bei Garnelen, Krebsen und Fischen wurde im Zusammenhang mit dem Leitungswasser als Schutz vor Leitungskorrosion zugesetzten Polyphosphaten über Probleme bei der Zucht berichtet: Laichverpilzung, verkümmerte Jungtiere, Unfruchtbarkeit. In Pflanzenaquarien kann es durch Polyphosphate im Wasser zu vermehrter Algenbildung kommen. Polyphosphate sind mit gängigen Wassertests nicht ohne weiteres im Wasser nachzuweisen.

2.3 Nitrat

Insbesondere in landwirtschaftlich stark genutzten Gebieten ist das Trinkwasser oft mit Nitrat belastet. Der Grenzwert von 55 mg/l ist für einige Garnelenarten wie Bienengarnelen, Tigergarnelen oder Taiwaner und auch alle anderen Hochzuchten und Hybriden deutlich zu hoch und kann zu Häutungsproblemen führen. In Pflanzenaquarien führt eine starke Nitratzufuhr durch das Leitungswasser gern zu Ungleichgewichten in der Nährstoffversorgung und zu Algenwuchs.

2.4 Chlor

Chlor sei hier ganz besonders als Problemstoff genannt. Zwar wird heutzutage von den Wasserversorgern in Deutschland kaum noch dauerhaft Chlor eingesetzt, aber z.B. nach Bauarbeiten am Leitungssystem, Unwettern mit starken Niederschlägen oder bei einer Verkeimung in einer Leitung kann es noch zum Einsatz kommen. So passiert es leider manchmal, das man jahrelang das Leitungswasser ohne Probleme für das eigenen Aquarium verwendet hat und plötzlich, kurz nach dem Wasserwechsel, werden alle Tiere darin auffällig oder versterben sogar.

2.4.1 Erste Hilfe bei Chlorvergiftung

Nur wenn der Wasserversorger zur Reinigung/Spülung/Desinfektion seiner Leitungen eine recht hohe Konzentration an Chlor verwendet, kann es beim Wasserwechsel fürs Aquarium leicht nach “Schwimmbad” in der Wohnung riechen. Dann sollte man natürlich sofort den Wasserwechsel stoppen, ansonsten bleibt Chlor aber leider oft unbemerkt. Auffällig wird es dann nur, wenn sich die Tiere direkt nach dem Wasserwechsel merkwürdig verhalten.

Bei einer akuten Chlorvergiftung sollte man sofort einen Luftsprudelstein ins Becken hängen, wenn möglich gleich mehrere. Chlor gast recht schnell aus dem Wasser aus und man hat gute Chancen, dass sich die Tiere schnell erholen. Alternativ gibt es übliche Wasseraufbereiter im Handel, die auch Chlor entfernen. Eventuell stellt man sich zur Vorbeugung eine kleine Flasche ins Regal, denn im Fall der Fälle erst zum nächsten Zooladen fahren, dürfte zu lange dauern. Ist das Schlimmste überstanden, sollte man die darauffolgenden Tage das nächste Wechselwasser erst in Eimer füllen und mit einem Luftsprudler über Nacht stehenlassen. Am nächsten Tag ist das Chlor entwichen und das Wasser unbedenklich. In den meisten Fällen ist dann auch nach ein paar Tagen der Spuk vorbei und man kann wieder normal am Wasserhahn zapfen.

3 Alternativen zum Leitungswasser

3.1 Osmosewasser

Für optimales Aquariumwasser wird in der Regel Osmosewasser als Basis genommen und mit entsprechenden Aufhärtesalzen die benötigten Mineralien und Spurenelemente hinzugegeben, das Wasser wird dadurch aufgehärtet beziehungsweise remineralisiert ("aufgesalzen") und somit aquarientauglich gemacht. Dies ist eine weit verbreitete Variante, welche sich seit langer Zeit bewährt hat. Viele Aquarianer, die vorher Probleme mit ihren Garnelen im Leitungswasser hatten und auf Osmosewasser/Aufhärtesalz umgestiegen sind, haben seitdem keine Sorgen und wieder richtig Freude mit ihren Garnelen. Eine Osmoseanlage entzieht dem Leitungswasser zunächst rund 95% aller Stoffe, somit auch die meisten Problemstoffe, und anschließend fügt man dem Wasser mit dem Aufhärtesalz nur das zu, was auch im Aquarium von den Bewohnern und der Mikrobiologie in der entsprechenden Konzentration benötigt wird.

3.2 VE-Wasser

Neben den üblichen Osmoseanlagen, die preislich so bei ca. 50,- Euro beginnen, gibt es z.B. auch Mischbettfilter, mit denen man vollentsalztes Wasser herstellen kann, sowie andere Wasserfilter zum Enthärten von Leitungswasser.

3.3 Vorsicht bei Tischwasserfiltern

Aber VORSICHT bei manchen Tischwasserfiltern für die Küche wie zum Beispiel dem Brita-Filter. Einige geben Silber-Ionen ans Wasser ab, und das ist für Garnelen absolut tödlich. Schau da bitte in die Bedienungsanleitung, in der Regel wird bei diesen Filtern von der Verwendung des Wassers für Aquarien abgeraten. Nutze lieber nur Anlagen/Filter, die auch für die Aquaristik angeboten werden.

3.4 Regenwasser

Auch Regenwasser wird von einigen Aquarianern verwendet, es enthält meist kaum Wasserhärte, und man kann es mit Aufhärtesalzen aquarientauglich machen. Bedenke jedoch, dass der Regen auf seinem Weg zur Erde auch Problemstoffe aufnehmen kann. Vorsicht ist grundsätzlich geboten, wenn das Regenwasser zunächst über Dachrinnen aus Kupfer läuft, bevor es gesammelt wird! Kupfer ist schon in geringen Spuren tödlich für Garnelen.

 

Autor(en)

Carsten Logemann

Co-Autor(en)

Ulli Bauer

Fotos: Ricardo Castellanos

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