Schneckenplage im Aquarium

"Hilfe, ich habe zu viele Schnecken im Aquarium!" - "Was kann man gegen Schneckenplagen tun?" - "Welche Schneckenfresser könnt ihr empfehlen?" ... so oder so ähnlich fragen viele Menschen in diversen Aquaristikgruppen. Oft werden dann Schneckenfresser wie Raubschnecken, Kugelfische oder verschiedene Schmerlen empfohlen, man hört auch gern den Tipp, überzählige Schnecken mit Hilfe eines Stücks Gurke oder mit einer Schneckenfalle abzusammeln und zu verkaufen oder abzutöten ... und man hört dann auch sehr oft pauschal "Wirf weniger Futter rein".

Grundsätzlich muss man jedoch nicht in Panik verfallen, wenn sich die Schnecken im Aquarium massenhaft vermehren. Anders als viele Landschnecken gehen gängige Wasserschnecken wie Blasenschnecken, Malaiische Turmdeckelschnecken oder auch die Kleine Posthornschnecke nicht an gesunde Aquarienpflanzen - man hat also keinen sofortigen Handlungsbedarf, sondern kann sich in Ruhe auf die Ursachensuche machen.

1 Gründe für die Massenvermehrung

Der häufigste Grund für eine Massenvermehrung von Schnecken (und übrigens auch von Planarien, Hüpferlingen, Muschelkrebsen und eigentlich überhaupt fast allen Lebewesen im Aquarium, auch von Fischen und Garnelen und sogar von Bakterien und Algen) ist im Prinzip ein reichhaltiges Futterangebot beziehungsweise Nährstoffangebot. Ohne Futter keine Vermehrung!

1.1 Trockenfutter

Sehr oft liegt eine Massenvermehrung und Schneckenplage schlicht an einer Überfütterung. Vor allem Einsteiger überschätzen den Futterbedarf ihrer Fische und Wirbellosen im Aquarium oft stark und füttern viel zu viel. Die nicht gefressenen Reste kommen direkt den Schnecken zugute, die dann mit einer starken Vermehrung reagieren.

1.2 Minderwertiges Futter

Billiges Futter mit vielen Füllstoffen wird von Garnelen, Krebsen und Fischen nur mangelhaft verdaut. Hier werden dann sehr viele unverdaute Reste mit dem Kot ausgeschieden. Selbst wenn hier auf den ersten Blick nicht zu viel gefüttert wird, können hier die Schnecken überhand nehmen, weil sie die Nährstoffe aus dem Kot verwerten.

1.3 Algenbeläge und Biofilme

Schnecken fressen als typische Aufwuchsfresser neben Futterresten sogenannten Aufwuchs im Aquarium: Algenbeläge und Biofilme. Sind diese im Übermaß im Aquarium vorhanden, weil zum Beispiel die Garnelenpopulation noch klein und das Nährstoffangebot im Wasser sehr groß ist, können sich die Schnecken das Algenwachstum und die verstärkte Bildung von Biofilmen zunutze machen.

1.4 Pflanzenreste

Auch abgestorbene oder absterbende Pflanzenteile werden von den typischen Schnecken gefressen, die eine Schneckenplage im Aquarium auslösen können. Besonders in der Einlaufphase eines Aquariums, wenn sich die Pflanzen auf das Leben unter Wasser umstellen müssen, kann es vermehrt zu absterbenden Blättern kommen, die die Schnecken dann gerne verwerten.

1.5 Tote Tiere

Auch Aas verwerten Schnecken sehr gerne, sie sind keine reinen Pflanzenfresser, sondern brauchen als Allesfresser einen guten Anteil Eiweiß, gern aus tierischen Quellen. Tote Tiere werden gefressen und verwertet - das beinhaltet nicht nur den einen oder anderen verstorbenen Aquarienbewohner, sondern auch Frostfutter oder gefriergetrocknetes Futter.

2 Abhilfe bei Schneckenplagen

Ein Aquarium vollkommen schneckenfrei zu machen, ist nicht empfehlenswert - sie spielen im Ökosystem des Aquariums als Resteverwerter die wichtige Rolle der Gesundheitspolizei! Dennoch sollte man bei einer Massenvermehrung der Schnecken definitiv eingreifen, sie ist - ähnlich einer Algenplage - ein Zeichen für ein Ungleichgewicht im Aquarium.

2.1 Nicht zielführend

Oft werden direkt Mittel, Methoden oder sogar Fressfeinde gegen die Schnecken selber empfohlen. Dies ist jedoch nicht wirklich zielführend, weil man hiermit nur die Symptome bekämpft. Natürlich kann man Schnecken absammeln, wenn man gleichzeitig auf Ursachensuche geht!

Zu viele Schnecken im Aquarium sind immer ein Zeichen für zu viel vorhandene, von Schnecken verwertbare Nahrung. Sind die Schnecken weg, ist die Nahrung immer noch da und kann dann anderweitige Probleme machen - Faulstellen, weil Futter ungenutzt versickert, Algenplagen, weil Nährstoffe ungenutzt bleiben, ein Anstieg der Keimdichte, weil die organische Belastung im Wasser ansteigt, ...

2.1.1 Schneckenfresser

Grundsätzlich ist der Einsatz von Tieren gegen Tiere im Aquarium kritisch zu sehen - wenn das Problem behoben ist, was passiert dann mit den Raubschnecken, dem Kugelfisch oder der Schmerle? Vor allem bei Raubschnecken (Anentome sp.) gilt dasselbe wie für alle anderen Schnecken auch - viel Futter bedeutet eine starke Vermehrung. Einige Aquarianer hatten dann anstatt einer Posthornschneckenplage eine Raubschneckenplage im Aquarium - ob man das unbedingt braucht, sei dahingestellt.

2.1.2 Absammeln

Selbstverständlich ist die naheliegende Lösung das Absammeln. Das kann man mit einer Futtertablette oder einem anderen Leckerbissen für die Schnecken in einem Kescher oder mit Hilfe einer Schneckenfalle recht effizient erledigen. Wenn man allerdings nur Schnecken absammelt und die Ursache des Problems nicht behebt, sammelt man im Extremfall für den Rest des Aquarienlebens Schnecken ab, weil sich am Nahrungsangebot nichts ändert und weil die Schnecken daher weiterhin fleißig für Nachschub sorgen.

2.1.3 Schneckenmittel

Viele gängige Schneckenmittel enthalten Kupfer und wirken dadurch auch ganz hervorragend gegen Garnelen - davon sollte man also von vornherein Abstand nehmen.

2.2 Zielführend

Viel besser ist es, bei einer Schneckenplage im Aquarium an die Wurzel des Problems zu gehen und die Nährstoffsituation im Aquarium zu überprüfen.

2.2.1 Trockenfutter

Trockenfutter ist praktisch, aber zu viel ist nicht gut. Hier sollte man wirklich sehr konsequent nur so viel geben, wie die Fische und Garnelen oder Krebse innerhalb von 1-2 Minuten fressen. Im Aquarium finden Allesfresser in der Regel trotzdem immer noch genug anderes Futter, sie picken an Algenbelägen und Biofilmen und verwerten auch andere Kleintiere, die sich in jedem Aquarium aufhalten. Wer das Gefühl hat, die Tiere kommen zu kurz (eingefallene Bäuche bei den Fischen und ein nicht durchgehend gefüllter Darmfaden bei den Garnelen), sollte nicht einfach die doppelte Menge an Futter ins Aquarium werfen, sondern zum Beispiel morgens und abends füttern.

Für Fische im Gesellschaftsaquarium bietet Lebendfutter eine nette Abwechslung, die den Schnecken nicht zugute kommt.

Ein bis zwei Fastentage pro Woche schaden den Fischen und Garnelen im Aquarium nicht und können ebenfalls dazu beitragen, die Schneckenpopulation zu regulieren - solange der wohlmeinende Aquarianer am nächsten Tag dann nicht einfach das doppelte füttert, weil ... die armen, hungrigen Tiere ihm leidtun.

Der Futterplatz im Aquarium sollte regelmäßig durchgemulmt werden, damit eventuell in den Boden abgesunkene Futterreste entfernt werden.

2.2.2 Futterqualität

Hochwertiges, gut verdauliches Futter ohne billige Füllstoffe wird vom Besatz im Aquarium besser verstoffwechselt und "hinten" kommen nicht mehr so viele Nährstoffe heraus. Es mag zwar auf den ersten Blick teurer sein als Billigfutter, aber meist kommt man mit der Dose deutlich länger hin, weil viel kleinere Mengen gefüttert werden müssen.

2.2.3 Algenbeläge und Biofilme

Algenbeläge entstehend durch ein Ungleichgewicht an Nährstoffen, Licht und CO2 im Aquarium. Ganz grob lässt sich sagen: Alles, was den höheren Pflanzen im Becken nutzt, schadet den Algen. Wie man gegen grüne Algenbeläge vorgeht, beschreiben wir im Detail in unserem Wiki-Artikel "Grüne Algenbeläge im Aquarium".

Biofilme sind zunächst eine gute Sache im Aquarium, zu viel deutet allerdings ebenfalls auf ein Nährstoffungleichgewicht hin. Vor allem in der Einfahrphase im Aquarium ist dies noch normal. Eine hier auftretende Bevölkerungsexplosion bei den Schnecken lässt sich sogar aussitzen - wenn sich das Gleichgewicht im Aquarium eingependelt hat, werden die Schnecken von selber wieder weniger. Auch wenn die Garnelen zahlenmäßig mehr werden, verwerten sie mehr Biofilme, was sich wiederum regulierend auf die Zahl der Schnecken im Aquarium auswirkt.

2.2.4 Pflanzenreste

Pflanzenreste sollten beim wöchentlichen Wasserwechsel abgesaugt werden, absterbende Blätter werden im selben Arbeitsgang abgeschnitten und ebenfalls aus dem Aquarium genommen. Wenn die Pflanzen sichtbar leiden und immer wieder Teile oder ganze Pflanzen absterben, solltest du dir die Bedingungen in deinem Aquarium näher anschauen. Wie man eine gute Umgebung für die Aquarienpflanzen schafft, erklären wir in unserem Wiki-Artikel "Pflanzen im Aquarium pflegen".

2.2.5 Tote Tiere

Tote Tiere werden aus dem Aquarium entfernt, sobald man sie entdeckt, bei der Fütterung von Frostfutter gilt dasselbe wie bei allem anderen Futter: Man gibt nur so viel, wie in wenigen Minuten von den Aquarienbewohnern aufgenommen wird.

 

Autor(en)

Ulli Bauer

Fotos: Ulli Bauer

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