Wenig bepflanzte Garnelenaquarien

Oft hört man, dass Aquarienpflanzen für die garneligen Bewohner im Becken sehr wichtig seien - sie nehmen potentielle Schadstoffe aus dem Wasser auf. Auch sagt man Garnelen nach, dass sie sich gerne in Pflanzen verstecken. Häufig hört man in Gruppen oder Aquaristikforen sogar den Vorwurf, die Tiere nicht artgerecht zu halten, wenn sie in einem nur spärlich oder sogar überhaupt nicht bepflanzten Aquarium leben. Aber inwieweit trifft dieser Vorwurf überhaupt zu?

1 Gründe für spärlich bepflanzte Aquarien

Neben ästhetischen Gesichtspunkten (es soll ja tatsächlich Leute geben, die keine Pflanzen mögen oder denen die Pflanzenpflege zu aufwändig ist ...) spielen bei der Einrichtung eines Zuchtaquariums für Garnelen hauptsächlich praktische Gesichtspunkte eine Rolle. Will man ernsthaft züchten, kommt man um eine Zuchtselektion nicht herum. Garnelen mit erwünschten Merkmalen werden gezielt verpaart, Garnelen mit unerwünschten Merkmalen aus dem Zuchtbecken genommen. Dazu ist eine gewisse Übersichtlichkeit absolut von Nutzen - in einer dicht bepflanzten Grünen Hölle sieht man als Züchter kein Land. Daher haben sich mehr oder weniger kahle Zuchtaquarien in der Garnelenzucht durchgesetzt - eine dünne Schicht Bodengrund, nur wenige Körnchen dick, verhindert Gammelstellen und lässt sich deutlich einfacher sauberhalten, eignet sich aber natürlich nicht mehr für wurzelnde Pflanzen. Sie würden hier keinen Halt finden.

Im Zuchtaquarium kommen daher vorwiegend Aufsitzerpflanzen wie Bucephalandra oder Javafarn, eventuell auch kleine Anubias-Arten zum Einsatz, ebenso wie Moose. All diesen Pflanzen ist gemein, dass sie sehr langsam wachsen und deshalb nicht viele Schadstoffe aus dem Wasser ziehen.

2 Natürliche Biotope von Zwerggarnelen

Sind wenig bepflanzte oder ganz pflanzenlose Aquarien garnelenfreundlich? Wenn wir uns die natürlichen Biotope sehr vieler beliebter Ziergarnelen in der Aquaristik anschauen, stellen wir fest, dass es dort teilweise überhaupt keine Pflanzen gibt - Bienengarnelen, viele Tigergarnelen-Stämme und viele weitere wildlebende Garnelen leben in Gumpen und Pools in Bächen, in denen nicht einmal Moos wächst.

Auch die Alten Seen auf Sulawesi, zum Beispiel Heimat der Kardinalsgarnele Caridina dennerli zeichnen sich nicht gerade durch üppigen Pflanzenwuchs aus. Andere Garnelen wie Neocaridina davidi leben sowohl in pflanzenlosen als auch in pflanzenbewachsenen Gewässern. Aus ihren Biotopen kennen die gängigen Garnelenarten folglich die Anwesenheit von Wasserpflanzen nicht unbedingt, weshalb naheliegt, dass sie sie im Aquarium auch nicht unbedingt vermissen dürften. Ein wenig bepflanztes Aquarium ist für Garnelen nicht unnatürlich.

 

3 Die Rolle der Pflanzen im Aquarium

Um zu verstehen, wie ein wenig oder gar nicht bepflanztes Aquarium stabil funktionieren kann, muss man zunächst die Rolle der Pflanzen im Aquarium verstehen: Pflanzen verbrauchen potentielle Schadstoffe im Aquarienwasser, die ihnen als Nährstoffe dienen: Phosphat, Nitrat, Ammonium und diverse Spurennährstoffe wie Eisen und Co.

Des weiteren produzieren die Wasserpflanzen im Aquarium durch Photosynthese Sauerstoff und verbrauchen dabei Kohlendioxid, das für Wassertiere ab einer bestimmten Konzentration sehr giftig ist.

Außerdem bieten Pflanzen den Garnelen natürlich noch gute Verstecke.

4 Schadstoffabbau ohne Pflanzen

Was ihr auf jeden Fall beachten solltet, wenn ihr euer Aquarium mit wenigen, langsam wachsenden oder gar ganz ohne Pflanzen betreiben wollt, ist die Filterleistung. Nur ein wirklich ordentlich dimensionierter Filter kann kompensieren, dass die Pflanzen als Schadstoffverbraucher wegfallen.

Dazu braucht der Filter einen anaerob arbeitenden Teil, in dem die Bakterien im Zuge der Denitrifikation Nitrat veratmen. Steht den denitrifizierenden Bakterien kein Sauerstoff zur Verfügung, lösen sie die Sauerstoff-Moleküle aus dem Nitratmolekül heraus.

Es gibt spezielle Filtermedien, die die Bildung sauerstoffarmer Zonen fördern (zum Beispiel Siporax). Eine weitere Möglichkeit ist, zwei kleine Außenfilter in Reihe zu schalten. Im ersten Filter verbrauchen die Nitrifizierer den Sauerstoff im Wasser, im zweiten herrscht dann ein anaerobes Milieu, in dem Nitrat veratmet wird.

Bei mangelhafter Filterung kann sich ein Nährstoffungleichgewicht im Wasser bilden, was ein Algenproblem erster Güte zur Folge hat. Während Garnelen Aufwuchsfresser sind, fangen sie mit Fadenalgen und Pinselalgen nichts an - sie verheddern sich höchstens drin, was sie stressen kann.

Ein starker Nitratüberschuss im Aquarienwasser kann bei Garnelen die Bildung des Häutungshormons hemmen und daher teils tödliche Häutungsprobleme nach sich ziehen.

5 Sauerstoffversorgung ohne Pflanzen

Des weiteren musst man auch im pflanzenarmen oder pflanzenlosen Aquarium eine konstante Sauerstoffversorgung sicherstellen. Hier fallen schließlich die Pflanzen als Sauerstoffproduzenten über den Tag weg. Um den Gasaustausch im Aquarienwasser zu unterstützen und den Sauerstoffeintrag zu erhöhen, kann man den Filterauslauf plätschern lassen oder einen Sprudelstein nutzen. Die Belüftung mittels Sprudelstein ist in Garnelenbecken nicht immer ganz unproblematisch - manchmal fangen sich unter ihrem Panzer Luftbläschen - das ist zwar nicht schädlich, aber kann die Tiere durchaus stressen.

Eine weitere Möglichkeit ist der Einsatz eines Oxydators. Das Gerät ist geräuschlos und produziert nicht nur Sauerstoff, sondern auch Aktivsauerstoff, der sich gleich auch noch gut gegen Bakterien im Freiwasser auswirkt.

 

6 Verstecke ohne Pflanzen

Verstecke brauchen Garnelen in einem pflanzenlosen Aquarium natürlich auch, da eignen sich beispielsweise braune Laubblätter am Boden - wie in den natürlichen Habitaten. Davon darf es gern auch eine kleine Handvoll sein. Gegebenenfalls nachlegen, die Blätter werden von den Garnelen aktiv verwertet. Auch Aufbauten aus Wurzeln oder Steinen sind schöne natürlich wirkende Verstecke, wobei man hier zugunsten der Übersichtlichkeit vor allem in einem Zuchtaquarium nicht übertreiben sollte.

 

Autor(en)

Ulli Bauer

Fotos: Ricardo Castellanos

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